Montag, 19. Dezember 2016

Weihnachtsschmuck in der Provence

Sollten jemals Aliens Mitte Dezember die Erde ansteuern, dann werden sie garantiert in der Provence landen. Denn zu aaahhh, voilà, Noël! erstrahlt noch das hinterletzte mittelalterliche Kaff in LED-Kaskaden, die bis zu Alpha Centauri leuchten. Ich vermute, dass das, was den Leuten heute an Glauben fehlt, in Lichterketten wettgemacht wird. Je atheistischer die Bürgerschaft, desto bombastischer der Christschmuck auf, über und neben den Straßen. (Nirgendwo blinken so viele Bethlehemsterne und Weihnachtsmänner über dem Asphalt wie in den von Kommunisten regierten Städten am Étang de Berre.)



Dabei gedieh in der Provence Jahrhunderte lang eine Tradition (und sie gedeiht glücklicherweise noch immer), die viel intimer, freundlicher, ja sogar, eher untypisch für Weihnachten, viel witziger ist als sonst irgendwo in Europa: die der crèche, der guten, alten Krippe.
Die meisten Familien hier stellen jedes Jahr eine crèche auf: Ein provenzalisches Haus, ein Stall, vielleicht ein Turm, eine Brücke, manchmal ein ganzes Dorf mit Marktplatz und Fischerhafen. Die Gebäude sind heute aus Ton gefertigt, früher wurden sie aus allen möglichen Materialen zusammengebastelt. Wir richten uns stets eine inzwischen ramponierte Holz-und-Stroh-Konstruktion eines, soweit wir uns noch erinnern können, Großvaters ein, die irgendwie auf uns gekommen ist. Sie hat sogar eine Glühbirne von Anno Tuff mit zwei stromführenden Drähten, die jedem Feuerwehrmann die Tränen in die Augen treiben würden. Zwischen die Gebäude legen wir Moosplatten. Das Moos wird in ungefähr handgroßen Stücken aus dem Wald geholt, es wächst auf Erdflächen und Steinen nahe am Bach – jedes Jahr an unterschiedlichen Orte und unterschiedlicher Qualität, je nachdem, wie trocken die vergangenen Monate gewesen sind.
Darauf stellen wir – vor allem unsere Jüngste, die das voller Hingabe tut – die Santons, von santoun, dem „kleinen Heiligen“. Santons sind Tonfiguren zumeist provenzalischer Allerweltsgestalten, die sich der Heiligen Familie mehr oder weniger andachtsvoll nähern. Die Arlésienne in ihrer prachtvollen Tracht etwa, ein Angler, ein Blinder, der von einem Jungen geführt wird, der Holzschlepper, das Fischweib...
Inzwischen haben auch moderne Bürger das Recht, zum Jesuskind zu pilgern, der Herr Bürgermeister, der Tourist, der Fotograf, sogar ein Geistlicher. (Kreuz am Hals zur Geburt des Heilands, wer hat gesagt, dass Santons etwas mit Logik zu tun haben müssen?)
Die kleinen Santons – so, wie sie bei uns in die Krippe passen – sind fingergroß und bunt bemalt. Die Luxusmodelle – unterarmhoch oder manchmal in Kleinkindgröße gar – sind zusätzlich in erlesenste Stoffe gekleidet, Waagen oder Angeln, die sie mit sich führen, sind winzige Repliken echter Geräte, in den bemalten Gesichtern kannst du die Lachfalten zählen.
Woher kommt's? Aus dem Mittelalter, vielleicht. Da sind crèches vivantes überliefert, „lebende Krippen“: die Gläubigen haben die Geburtsszene nachgestellt. Später haben sie Figuren hingestellt – vor allem in Kirchen. In Marseille sind große Krippen spätestens für das letzte Viertel des 18. Jahrhunderts überliefert.
Dann kam die Französische Revolution, die Kirchen wurden von der streng laizistischen Regierung geschlossen, Schluss war's mit der Krippenpracht. Doch die Bauern – erzkatholisch, grundsätzlich rebellisch und nicht ganz unkreativ – haben daraufhin heimlich aus Brotteig Santons geformt. Als der ausgehärtet war, wurde er bemalt, die Figuren wurden um selbst gezimmerte Krippen arrangiert und – voilà - in Bauernhäusern wuchsen allüberall zu Weihnachten nun kleine Krippen heran.
Später kam Napoleon und auch die Kirche kam zurück, aber die Bauern haben von ihrer einmal erprobten Tradition nicht mehr ablassen wollen. Seither stehen in der Provence die Santons in der guten Stube und, so will es eine andere Tradition, seither sollte jede Familie zu jedem Weihnachtsfest genau eine weitere Figur dazustellen.



Die Provence wäre allerdings nicht die Provence, wenn es dabei weihnachtlich-friedlich abgehen würde. Gerade um die harmlosen Santons sind in den letzten Jahren zwei wilde Gefechte entbrannt.
Zum einen werden Santons seit 1803 nicht länger heimlich, sondern offiziell in der Provence hergestellt, aus Ton, von relativ wenigen hoch geachteten Spezialisten ihrer Zunft, die sich ihre Kunst auch hoch bezahlen lassen. Doch zunehmend tauchen nun in Supermärkten und Gartencentern Santons zum halben Preis auf, auch aus Ton, gar nicht schlecht gemacht, nur eben viel billiger. Woher? Es sind Figuren aus dem erzkatholischen Tunesien...
Die Bauern hier stoppen ja manchmal spanische Lastwagen auf der Autobahn und kippen tonnenweise Tomaten auf den Asphalt, um so jakobinisch-energisch gegen Billigkonkurrenz zu protestieren. Meines Wissens sind noch keine tunesischen Santons in Großaktionen zertrampelt worden, aber das wird sicher noch kommen. Die hiesigen Santonniers jedenfalls hegen schon einen Groll, Petitionen werden geschrieben, und bald wird es handgreiflich werden zum Fest des Friedens, wenn sich globalisierungsbedrohte Heiligenhersteller mit nordafrikanischen Globalisierungsprofiteuren prügeln. Könnte eine neue Tradition werden.
Ob die Bürgermeister eingreifen werden? Wohl kaum, denn die führen einen zweiten Santon-Krieg. In vielen provenzalischen Rathäusern wurden nämlich auch jedes Jahr Krippen aufgestellt – bis 2015. Da ist jemandem in Paris aufgefallen, dass Krippen ja christlich sind und mithin als religiöse Symbole in einem staatlichen, also laizistischen Gebäude gefälligst nichts zu suchen haben. Also keine Krippen im Rathaus mehr...
Und dieses Jahr? Sagen wir so: Die bäuerliche Lust an der Rebellion ist noch nicht ganz vergessen. In fast allen Rathäusern stehen im Winter 2016, trotz ministeriellen Verbots, wieder Blinde und Angler, Marktfrauen und freche Kinder in provenzalischen Kulissen vor einer Krippe und warten auf das Wunder der Geburt.

In diesem Sinne: Joyeux Noël!

Donnerstag, 10. November 2016

Marine Le Pen und Hillary Clinton

Weil Hillary Clinton es nicht geschafft hat, die erste Präsidentin ihres Landes zu werden, könnte Marine Le Pen es schaffen, die erste Präsidentin ihres Landes zu werden. Das ist doch mal ein historischer Scherz, und der ist zum Totlachen.
Denn, klar, Trump ist, wie Le Pen, der kristallreine, eindimensionale, zerstörerische Protest: Zerschlagt das System! Und was eigentlich danach kommen soll, das ist, sorry, scheißegal.



Hillary Clinton konnte in ihrem Rennen um die Macht mehr Geld ausgeben, sie hatte einen riesengroßen Teil der Medien auf ihrer Seite, das große Wirtschaftskapital sowieso, eine goldglänzende Legion von Hollywood-, Pop- und Sportstars, von Autoren und Professoren; sie hatte Jahrzehnte in der Löwenarena der Politik hinter sich, davon acht im Weißen Haus an der Seite ihres alles in allem noch immer recht populären Gatten, dazu Jahre als Außenministerin und Senatorin; sie hatte bereits mehrere ultraharte Wahlkampagnen durchgefochten. Kurz: Hillary Clinton war viel, viel besser munitioniert als ... alle einigermaßen demokratischen Politiker im heutigen Frankreich.
Also: Wenn ein Donald Trump eine solche formidable Gegnerin wie Hillary Clinton beiseitefegen kann, dann kann eine Marine Le Pen auch die Hobbits beiseitefegen, die noch zwischen ihr und dem Elysée stehen.

Seien wir ehrlich: Populisten gibt es immer, und immer wird es Vollpfosten geben, die ihnen begeistert zubrüllen werden. Das sind aber, meistens, ziemlich wenige, weil die Mehrheit der Menschen eigentlich nett, vernünftig und friedfertig ist. Populär werden Populisten erst, wenn eine Demokratie in der Krise ist. Und Krise heißt Krise, wenn es große Probleme gibt, die niemand mehr löst. Populisten gewinnen keine Wahlen – es sind Demokraten, die Wahlen verlieren.
Erst, beispielsweise, in der Agonie der Weimarer Republik ist so eine Knallcharge wie Hitler groß geworden. Und welcher Demokrat stand ihm 1931, 1932 entgegen? Genau. Es gab keinen Politiker von Format mehr, nicht bei den Sozialdemokraten, nicht im Zentrum, nirgendwo, der noch eine brauchbare, glaubwürdige demokratische Alternative zum Marschtrittdenken der NS-Horden präsentiert hätte.
In vielen Kommentaren kann man nun zwischen den Zeilen lesen, dass letztlich ein Haufen blöder, armer, zukurzgekommener, weißer Männer Trump gewählt habe. Abgesehen vom etwas bedenklichen Demokratieverständnis solcher Kommentare – One man, one vote, Baby, egal, ob Einstein sein Kreuzchen macht oder ein Trailerkid. Also, abgesehen davon: Fast die Hälfte der Wählerinnen hat ebenfalls für Trump gestimmt. Yupp. Obama und Sanders haben in ihren (Vor-)Wahlkampagnen mehr Frauenstimmen eingefahren als Hillary Clinton.
Vielleicht ist es doch so, dass die Leute nicht ganz so blöd sind, wie viele Kommentatoren sie nun schmähen. In den USA kann man wahnsinnig leicht seinen Job, seine Gesundheit, seinen Schulplatz, sein Haus, sein Alles verlieren. Clinton ist für dieses gnadenlose System (mit-)verantwortlich, und sie hat immer klar gemacht, dass sie an diesem System auch nichts ändern wird. Trump hingegen hat, auf unfassbar primitive, vulgäre und hasszerfressene Weise, aber eben doch klargemacht, dass er es ändern will.
In den größeren Städten hat, beispielsweise, ungefähr die Hälfte aller schwarzen Männer mindestens schon einmal im Gefängnis gesessen. Trump mag ein übler Rassist sein – aber das System, das diese Männer massenhaft hinter Gitter verfrachtet, ist unter anderem dank einiger Gesetzesverschärfungen durch Clinton (male) entstanden, was Clinton (female) nie zu ändern versprochen hat. Deshalb wählen Schwarze noch lange nicht Trump – aber warum sollten sie in wahlentscheidend großer Masse Hillary Clinton wählen? Es ist nicht pure Blödheit, die ihnen vorgaukelt, dass Hillary Clinton für ein diskriminierendes, gescheitertes System steht.
Es ist ihr Alltag.

Ich lebe in Frankreich und habe auch mal für eine (überschaubare) Zeit in den USA gelebt – und da fängt man an, Parallelen zu ziehen, und da wird es ungemütlich.
Mais oui, die politische Kultur ist in Frankreich eine andere, das Wahlsystem ist es auch, die Parteien sind es sowieso. Und doch... Auch hier ist das gesamte System so sehr in der Krise, dass sich Millionen nicht bloß aus Bauchgefühl, sondern aus echtem Schmerz bedroht fühlen:
Ein Viertel der französischen Jugendlichen ist arbeitslos.
In Frankreichs Städten werden Hunderte Menschen von islamistischen Tätern ermordet und wir haben einen Präsidenten, der danach im Fernsehen erklärt, dass man da sowieso nichts machen könne. Und bis weit in den muslimischen Mainstream (wir reden hier auch von Abgeordneten) wird erklärt, dass doch einige der Ermordeten Juden seien und deshalb... genau.
In den letzten zehn Jahren ist ein erheblicher Teil der französischen Industrie einfach verdampft.
Die französischen Arbeitsgesetze sind zwanzig Mal so umfangreich wie die Arbeitsgesetze in dem bekannten Sklaven-Niedriglohn-Ausbeuterland Schweiz: 4000 Seiten Text gegen 200 Seiten.
Die Bürokratie ist so irre ausgewuchert, dass selbst für alltäglichste Dinge – du willst einen Schulbus für die Kinder beantragen, ein umgestürzter Baum staut einen Bach auf – nicht einmal klar ist, wer dafür überhaupt zuständig ist.
Diese Liste könnte ich noch sehr, sehr lange fortsetzen. Man kann Handwerker fragen oder Lehrerinnen, Richter oder Krankenschwestern. Sie erzählen schier unfassbare Dinge. Und nirgendwo ändert sich etwas, nichts verbessert sich, Stillstand überall.
Und die Politik? 2017 ist doch Präsidentenwahl....

Also: Bei den Grünen (EELV) ist die einzige profilierte Kandidatin gleich in der ersten Runde der internen Vorwahlen wie ein flammender Zeppelin vom Himmel geschossen worden. Jetzt werden sie von zwei charismatischen Leerstellen repräsentiert. Jean-Luc Mélenchon ist ein wortgewaltiger Linksprediger ohne eigene große Partei. Die letzten Kommunisten Frankreichs wollten ihn unterstützen (zumindest die Spitzenfunktionäre der PCF wollten es), doch bei einer parteiinternen Abstimmung... genau. Arnaud Montebourg wäre auch gerne Linkspopulist, aber er weiß nicht, ob er bei den Sozialisten kandidieren soll oder außerhalb oder überhaupt. Das alte Spiel mithin, die Linke ist zerstritten und ausschließlich mit sich selbst beschäftigt.
François Hollande? Der lässt sich von einem Leibwächter auf dem Motorroller zur Mätresse kutschieren und diktiert zwei Journalisten über Jahre hin (!) ein Geständnisbuch voll peinlichster Selbstenthüllungen in den Block. Wenn ich als Krimi-Autor einen solchen Präsidenten erfunden hätte, würde mir selbst meine überaus freundliche und verständnisvolle Lektorin das Manuskript als Keks in den Mund stopfen. „So einen Trottel im höchsten Staatsamt glaubt dir kein Mensch!“
Ah, aber die Rechte! Ein Präsidentschaftskandidatkandidat der (demokratischen) Rechten fabulierte von „jüdischen Verschwörern“, die Hillary Clinton zum Sieg manipulieren werden. (Hat nicht ganz geklappt.) Nicolas Sarkozy, der schon einmal Gelegenheit hatte, la France zu retten, das aber irgendwie versemmelt hatte, fordert nun öffentlich, alle vom Geheimdienst als „Verdächtige“ bezeichnete Personen einzusperren. Einfach so, ohne Urteil und prinzipiell für immer. Ein Gulag à la français. Korrigiert mich, wenn Ihr könnt: Aber damit hat ein ehemaliger Präsident der Republik sogar Donald Trump rechts außen überholt.
In Frankreich steckt das System, steckt zumindest das Establishment aus Politik und Medien und allem, was dazugehört, in einer mindestens so profunden Krise wie in den USA. Aber kaum einer der Systempolitiker hat eine so starke Position, wie Hillary Clinton sie gehabt hat. Und, bei allem Missfallen, man muss darüberhinaus zerknirscht zugeben: Marine Le Pen ist tausendmal klüger, geschickter und strategisch denkender als Donald Trump.
Alors, oui, seit Amerikas 11/9 ist auch Frankreichs 11/9 möglich. Der Front National kriecht auf das Herz der Macht, auf das Herz der Nation zu, das Undenkbare ist denkbar geworden und der historische Scherz zur bitteren Möglichkeit.



PS: Es gibt noch eine Hoffnung, und die heißt Alain Juppé. Ein politisches Schlachtross der Gaullisten, schon über die Siebzig, der jetzt gegen Sarkozy und Co. die Vorwahlen der Rechten zum Präsidentschaftskandidaten gewinnen will. Chancen dazu hat er, und vielleicht ist sein Alter seine größte Chance. Er selbst hat es gesagt und jeder weiß es: Diese Mann hat nur einen Schuss frei. Juppé hat nur eine Amtszeit, er wird sich nicht um eine Wiederwahl oder um Umfragewerte scheren. Wenn jemand rasch und, leider, brutal die Reformen macht, die das demokratische System nun braucht, um demokratisch zu bleiben, dann er.
Vielleicht.
Frankreichs bescheidene Hoffnung also ruht auf einem persönlich eher schüchternen, verbindlichen, technokratischen, nur bedingt mitreißenden Herrn im besten Rentenalter.

Wie sieht es eigentlich in Deutschland aus?

PPS: Jetzt hat Emmanuel Macron, Selfmademillionär, Ex-Wirtschaftsminister und Frankreichs einziger Sozialdemokrat (Was für eine Vita für so relativ wenige Lebensjahre!) auch seine Kandidatur angemeldet. Damit hat er den traditionellen Rechten ihre Werbeshow mitten in der heißen Phase der Vorwahlen vermasselt. Und seinem Präsidenten und Ex-Förderer Hollande die eigene Kandidatur und zugleich einen staatstragenden Auslandsbesuch versalzen. Im Boxen nennt man so etwas "Wirkungstreffer". Mal sehen, was Macron noch so alles drauf hat...

Donnerstag, 13. Oktober 2016

Französische Gesetze / Mittwochs in der Schule

In Frankreich werden Gesetze gemacht, die jeden von uns zum Verbrecher machen – weil man gar nicht anders kann, als sie zu brechen. Sofort. Immer wieder. Und nicht unbedingt zum Vergnügen.
Eigentlich geht das Klischee doch so: Der Franzose in seiner Schlechthinnigkeit mit Baskenmütze, Baguette und Blondes lässt Fünfe aus Prinzip gerade sein, verspottet verschmitzt die Obrigkeit und legt Gesetze, Vorschriften, überhaupt Regeln aller Art souverän großzügig aus. Eigentlich schade, dass einem solche Leute im echten französischen Leben so selten über den Weg laufen.



Die Sache ist nämlich ganz anders, nehmen wir dazu ein scheinbar eher harmloses Beispiel. Eine gefühlte Ewigkeit lang hatten die Schüler hier jeden Mittwoch frei. Seit 2014 nun müssen die Eleven – außer die von wenigen Privatschulen – auch mittwochs in den Schulen pauken. Diese Reform, die Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem von ihrem Amtsvorgänger geerbt hatte, hat zum eigentlichen Ziel, die Rabauken aus den Hochhausvorstädten auch am Mittwoch von den Straßen zu holen. Das ist ja ein durchaus nachvollziehbares und eigentlich auch ehrenwertes Ziel, aber irgendwie schmeckt das doch nach Diskriminierung und Verachtung und allgemeiner Ratlosigkeit. Also ist das offizielle Ziel nicht das eigentliche: Offiziell soll mit der Einführung des Mittwochsunterrichts nämlich die Qualität der Schulbildung verbessert werden.
Hören sie das leise Knirschen von Metallfedern? Die gefährliche französische Gesetzes-Falle wird aufgespannt...


Denn, klar, der Staat hat keinen Euro mehr. Die Lehrer, die nun am Mittwoch arbeiten, arbeiten dafür nicht mehr an bestimmten Nachmittagsstunden der übrigen Tage. So muss niemand eine zusätzliche Schulstunde bezahlen. Mais, merde! Dann sind die Rabauken aus den Hochhäusern zwar mittwochs unsichtbar, lungern dafür an allen anderen Tagen früher auf dem Trottoir und verkaufen Drogen. Was tun?
Eh bien. Die wegfallenden Nachmittagsstunden sollen nun von neu eingestellten Kräften ausgefüllt werden. Diese neuen Kräfte, wie schön, will jedoch der Staat nicht bezahlen, die werden von den jeweiligen Städten bezahlt. Wie? Ist das Problem der Städte. Das Knirschen ist übrigens die inzwischen höchst gespannte Falle.
Nachmittags soll es nun Tanzen für die Kinder geben. Oder Englisch. Oder Theater. Oder tausend andere tolle Dinge. Die Lehrer dafür werden jeweils nachmittags für die Dauer einer französischen Schulstunde (fünfundfünfzig Minuten) von den Gemeinden der Schulen eingestellt und der Unterricht wird großartig, denn, da es ja offiziell um die Qualitätsverbesserung der Schulen geht, dürfen für diese fünfundfünfzig Minuten nur Diplompädagogen eingestellt werden - und alle sind glücklich und das Knirschen der Falle geht in das Kreischen von zum Äußersten angespannten Metall über.


In Paris ist das kein Problem: Da wachsen arbeitsunterversorgte diplomierte Pädagogen auf den Bäumen und die nächste Schule, in die sie für ein paar Minuten zum Einsatz hoppen könnten, ist immer höchstens zwei Métrostationen entfernt. Aber bei uns auf dem Dorf?
Ich meine, hey, die Provence ist nicht die Auvergne. Wir sind schon relativ dicht besiedelt. Aber in unserem Nicht-Einmal-1500-Einwohner-Städtchen gibt es leider keinen arbeitslosen Diplompädagogen. Im Nachbardorf auch nicht. Und im nächsten Nachbardorf...
Und, peng, da knallt die Falle zu.


Denn die nächsten Pädagogen-Kandidaten wohnen in Aix-en-Provence oder in Marseille. Marseille, beispielsweise, ist sechzig Kilometer entfernt, ein erheblicher Teil davon auf Landstraßen. Nachmittags unter der Woche brauchst du ungefähr eine Stunde, um aus Marseille hinauszukommen, für den Rückweg rechne anderthalb, mindestens. Macht zweieinhalb Fahrstunden (die Kosten darf man selbst tragen) für fünfundfünfzig Minuten bezahlte Arbeit. Es mag ja verzweifelte Diplompädagogen geben, aber in Marseille oder sonstwo jedenfalls ist kaum jemand verzweifelt genug, um zu uns zu kommen. Oder ins Nachbardorf. Oder ins nächste Nachbardorf...
Doch Ministerin Vallaud-Belkacem im fernen Paris hat's befohlen: Die Lehrer unserer Grundschule haben seit dem Sommer 2014 Stunden auf den Mittwoch verlegt. (Unterricht von 8.30 bis 11.30 Uhr, das ist bescheuert wenig.) Der Bürgermeister hat eine Stelle für einen Diplompädagogen ausgeschrieben.
Allein: Es meldet sich niemand. Und im Nachbardorf niemand. Und im Nachbardorf...
Nun ist Madame Vallaud-Belkacem zweifellos jung, modern, klug – warum macht eine solche Ministerin eine Reform, die im größten Teil ihres Landes nicht durchführbar ist? Eine Reform, die, schon von den Vorgängern vorbereitet, nicht einmal ihr eigenes Werk ist und womöglich nicht einmal ihren innersten Überzeugungen entspricht?
Weil sie den größten Teil ihres Landes nicht kennt. Frankreichs Politik-Elite ist klein und hermetisch verschlossen, wobei es ziemlich egal ist, ob man links oder rechts steht. Diese winzige Elite ist eine Pariser Elite. Und Pariser, das kann man als dahergelaufener Fremder nur langsam verstehen, kennen das Land jenseits der Périphérique (der Ringautobahn um die Kapitale) nur als harmloses, possierliches Urlaubsland, in dem man sich einmal jährlich entspannt. Ein Deutscher, der jeden Sommer nach Malle düst, ist ja noch lange kein Spanien-Experte. Und so ist ein Pariser, der „in die Provinz“ reist, kein Frankreich-Experte. Allerdings würde kein deutscher Malle-Fahrer auf den Gedanken kommen, in die Madrider Regierung einzutreten. In Paris hingegen besteht, gewissermaßen, das komplette Kabinett aus Malle-Fahrern.


Madame Vallaud-Belkacem kommt aus einfachen Verhältnissen, sie hat sich nach oben gekämpft. Aber sie hat, das geht hier in der Politik nicht anders, sich in Paris nach oben kämpfen müssen. Und sie hat dann die Reform ohne große Zweifel durchgezogen, weil es halt in Paris überhaupt kein Problem ist, sie auch umzusetzen. Und weil sie sich wohl inzwischen nicht mehr hat vorstellen können, dass es andernorts anders zugeht als in Paris.
Die Folge? Wie bei so vielen Gesetzen, von der Homo-Ehe bis zu Arbeitsrechtsreformen: Demonstrationen überall im Land (auch sie längst ein beliebtes Frankreich-Klischee) und danach ungeheuchelte Fassungslosigkeit in der Elite. Wieso sind die Leute bloß so sauer?


D'accord, eine Fehleinschätzung der Politiker, kann ja mal vorkommen. In Deutschland oder Holland, in Skandinavien, Österreich oder Großbritannien würde sich nun nach solchen Missfallenskundgebungen die Ministerin mit Beratern und Spindoctors zusammentun und ein wenig an den Reformen feilen, bis sie auch jenseits der Hauptstadt praktikabel sind. Etwa die Pädagogenpflicht beibehalten, doch für Gemeinden unter zehntausend Einwohnern Ausnahmeregeln zulassen. Oder eine Art Light-Diplom einführen, das es auch im hinterletzten Dorf Freiwilligen erlauben würde, sich nach einer Ausbildung und Prüfung zumindest in der lokalen Grundschule zu verdingen; über zu wenig Arbeitslose klagt ja hier niemand.
Doch Madame Vallaud-Belkacem blieb 2014 eisenhart. Niemals wird sich das Gesetz ändern, niemals, niemals, nie! Und es wird eingeführt und umgesetzt! Und zwar sofort! Als noch recht neueingewanderter Vater habe ich mich zuerst über die doch auch noch nicht gar so lange eingewanderte Ministerin gewundert: Sieht sie denn nicht, dass es Tausende Städte gibt, die unter diesen Bedingungen niemanden finden können? Will sie es nicht sehen? Kann sie es nicht sehen? Ist sie ideologisch vernagelt? Ist sie, Verzeihung, doch schlicht zu blöd?



Selbstverständlich nicht. Ich bin zu blöd. Madame Vallaud-Belkacem ist Politikerin. Und ein Politiker in Frankreich macht keine Fehler, niemals, niemals, nie. Jede Veränderung, jede Verzögerung, eine Rücknahme gar wäre das Eingeständnis gewesen, etwas nicht perfekt gemacht zu haben. Undenkbar! Wer nicht perfekt ist, der hat einen Fehler gemacht. Und wer Fehler macht, ist schwach. Und wer schwach ist, der wird angegriffen. Gnadenlos. Von der Opposition. Von den eigenen Parteifeindinnen und – feinden.
Denn in Deutschland oder Holland, in Skandinavien, Österreich oder Großbritannien hätte man sich am Anfang einer solchen Reform gefetzt, aber dann gibt jeder seinen Senf dazu und am Ende sind die meisten zufrieden oder, falls nicht, dann hat zumindest niemand sein Prestige verloren.
In Frankreich jedoch kann eine einzige demolierte Reform sehr rasch deine Karriere knicken. Und eine Reform ist bereits demoliert, wenn du zu viel nachgeben musst.
Also hat die Regierung 2014 die Mittwoch-Reform durchgedrückt. Unsere Rektorin hat seinerzeit keinen Kandidaten gefunden, selbstverständlich. Unser Bürgermeister hat keinen Kandidaten gefunden, selbstverständlich. Dann stellt man halt, pst, pst, irgendjemanden ohne Diplom ein. Der Präfekt weiß das. Der Bürgermeister weiß das. Die Rektorin, alle ihre Lehrer, die Eltern, selbst die Grundschüler – alle, alle wissen, dass man das gerade erst beschlossene Gesetz umgeht. Alle machen die Augen zu und halten den Mund.
Das ist nicht pfiffig und listig, das ist bloß lästig und irgendwie krank. Niemand will Madame Vallaud-Belkacem irgendetwas Schlechtes. Niemand ist im Prinzip gegen Mittwochunterricht oder gute Nachmittagsstunden. Aber auch beim besten Willen schafft es niemand, sich an die Buchstaben des Gesetzes zu halten.
Die Folge ist natürlich, dass man den Staat gering achtet. Dass man irgendwann nicht bloß solche Gesetze, sondern generell alle und auch die allervernünftigsten für prinzipiell ignorierungspflichtig hält. Kurz: Dass man sich einen Scheiß um die Gemeinschaft kümmert.

Manchmal, in stillen Minuten – wenn ich Mittwochmittag vor der Schule auf unsere Tochter warte, etwa – fürchte ich, dass sich das irgendwann rächen wird.



Sonntag, 21. August 2016

Die Sardinades von Port-de-Bouc

Manchmal kommt mir die Provence so vor wie der Parkplatz vor einem Edelrestaurant: Da stehen die gepflegten Vorstadthäuser auf Rädern, die Limousinen und SUVs, der Lack glänzt und selbst das Gummi der Reifen ist schwarz poliert. In den Boden eingelassene Spots umschmeicheln die Wagen mit warmem Licht, Micocouliers behüten die Blechdächer mit ihren ausladenden Ästen, in deren dünnen Blättern der Südwind leise rauscht. Vom Restaurant her weht der Duft von Ratatouille, schöne Menschen lachen schönes Lachen, aus den Bose-Lautsprechern perlt Zaz, aber schön leise - und leise, leise klirren die Weingläser...



Putain, wo sind die schredderigen Citroëns und Peugeots geblieben? Die verbeulten Karren, in denen nur noch Hupe, Motor und Fahrertür funktionieren (in dieser Reihenfolge), die Autos, in denen rotgesichtige ältere Männer in Unterhemden Baguettes abholen und unfassbar hübsche Mütter ungefähr eine Millionen Kinder hineinstopfen, um sie zum Strand zu kutschieren? Wo sind die Proleten geblieben? In der Provence wird doch geschuftet: Zehntausend Menschen arbeiten bei Airbus Helicopters in Marignane, dem größten Hubschrauberproduzenten der Welt. Tausende arbeiten in den Docks von Fos und den Raffinerien von Berre. Noch im hinterletzten Dorf schleppen selbst bei jenseits der fünfunddreißig Grad Kerle auf Baustellen Steine und Balken oder liegen Overallträger in ölverschmierten Garagen unter den schredderigen Citroëns und Peugeots. Wohin verschwinden diese Arbeiter, wenn sie nicht arbeiten?
Zum Beispiel nach Port-de-Bouc.
Port-de-Bouc ist in gewisser Weise eine Retortenstadt, eine Beton gewordene Realität aus dem Wahntraum der Sechziger Jahre, als Planer in Paris die Industrie und ihre Segnungen auch in den Süden hineinzwingen wollten. Port-de-Bouc war zwar mal ein uralter Ort, ist aber eigentlich erst in der Neuzeit entstanden, als Tankerhafen neben Fos und damit als maritime Tankstelle des großen Hafens von Marseille. Die Stadt, verkehrstechnisch günstig gelegen an einer Bucht am Ostrand der Camargue, kaum fünfzig Kilometer neben Marseille, nimmt die bauchigen Schiffe aus Algerien auf, die mit ihrem Öl und Flüssiggas die Raffinerien des Hinterlandes füttern. Denn, mais oui, Frankreichs Diesel und Benzin für die polierten SUVs und Limousinen und die schredderigen Citroëns und Peugeots wird zu einem nicht unerheblichen Teil in der lieblichen Provence raffiniert.
Port-de-Bouc hatte in den schrecklichen siebziger Jahren mal mehr als zwanzigtausend Einwohner. Die endlose Industriekrise Frankreichs hat allerdings auch hier Bremsspuren hinterlassen und diese Zahl um inzwischen etwa zwanzig Prozent vermindert. Nicht vermindert hat sich die Popularität der Kommunisten. Seit der Befreiung im August 1944 wird Port-de-Bouc von der PCF regiert – und wo könnte man heute noch in der Provence, außerhalb der Region um den Étang-de-Berre, einem echten, authentischen kommunistischen Bürgermeister die Hand schütteln?



Wer mit dem Schiff nach Port-de-Bouc einfährt, sieht steuerbords (Steuerbord ist da, wo bei Landratten der Daumen links ist.) große Kais, an denen rostschlierige Schiffe leergepumpt werden, sieht Pipelines, Röhrengewirr, dahinter Stahltanks, so rund wie gigantische Medizinbälle. Backbords (oui, das ist links) erstreckt sich ein Yachthafen, in dem ich-weiß-nicht-wieviele-Hunderte kleine Boote so dicht an dicht dümpeln, dass man sich schon fragen muss, wie ein Hobbbyskipper hier überhaupt den Ausgang zum offenen Meer findet. Dahinter: Ein Asphaltplatz, ein paar salzwindzernarbte niedrige Häuser, dann die HLMs, die Wohnsilos der Sechziger und Siebziger Jahre.
Port-de-Bouc ist eine Stadt, die man unbedingt mal besuchen sollte.
Das ist ernst gemeint.
Echt.
Also schön, der Beweis: Seit 1988 werden hier jedes Jahr im Juli und August – und zwar an jedem einzelnen Tag in diesen zwei Monaten! - die Sardinades gefeiert, das Original aller Sardinades im Midi. Die simple Idee dahinter: Feiern wir ein Volksfest rund um die kleinen, gegrillten Fische, die unsere Fischer sowieso täglich aus dem Meer holen!
Das geht so. Wir fahren nach Port-de-Bouc und folgen den Schildern „Parking Sardinades“, die uns bis in die Innenstadt zum Hafen führen – auf den Parkplatz eines Hochhausriegels. Halbdunkel, das Erdgeschoss besteht aus Garagen und Werkstätten, die Rollläden herabgelassen, manche Fenster eingeschlagen. Auf einer Art Betonbalustrade darüber bewegen sich Schatten. Die meisten Fenster in den höheren Stockwerken sind düster.
Wohnt hier noch jemand?“, fragt unsere jüngste Tochter.



Zu Fuß sind es von hier aus wenige Hundert Meter entlang einer Straße. Vorbei an der Kaserne der Hafenfeuerwehr – Feuerwehrmann in einem Tankerhafen, es gibt sicherlich langweiligere Jobs. Und dann: Musik, Licht, Plastikzelte!
Die Sardinades, das sind einige schier endlos lange Reihen von Tischen und Stühlen auf dem Parkplatz des Yachthafens, umgeben von den Ständen etlicher Restaurants. Das sind Sardinen für sechs Euro, ein Plastikteller voller Fritten und Meeresfrüchte für acht, ein gegrillter Riesenthunfisch für zehn. Das ist der Duft nach frittiertem Fisch und Rosé und Pastis und Zuckerwatte. Das ist ein blinkendes Karussell für die Jüngsten. Das ist eine Sängerin, die auf einer Bühne französischen Rock und Songs aus Blues Brothers röhrt. Das sind tanzende Paare auf dem Asphalt. Und das sind Hunderte, meist mehr als eintausend, manchmal mehr als zweitausend lachende, schmatzende, schlemmende, fröhliche Leute, die Schulter an Schulter an den Tischen sitzen, auf dass kein, aber auch wirklich kein Platz mehr frei ist. Das sind mehr oder weniger herrenlose Kinder, die in Banden zwischen den Stuhlreien herumtoben. Das sind die Kids aus den Hochhäusern, die das Geld, das sie hier in Sardinen und Fritten anlegen, mit ganz anderen Genussmitteln verdient haben. Das sind die unfassbar hübschen Mütter und die rotgesichtigen Männer in Unterhemden. Das sind einige etwas zu stark geschminkte Frauen und einige unter Kopftuch versteckte. Das sind Haar- und Hautfarben aller Schattierungen. Und das sind die Papys mit Schnauzbart und Bauch, die in schwatzender Runde eine Flasche Ricard verdunsten lassen.
Das Essen ist großartig, die Stimmung ist großartig, die Musik ist großartig, das Wetter ist großartig, und als am Nebentisch tatsächlich eine Gruppe aufbricht, stellt ein Mann deren letzte, erst zur Hälfte geleerte Roséflasche einfach zu uns hin. „Tiens!“
Das ist ein Volksfest im Wortsinn, und wenn man nächsten Sommer Hunger hat auf Fisch und Wein und gute Laune, dann kann man ja mal „Port-de-Bouc“ ins Navi von Limousine oder SUV eingeben. Die schredderigen Citroëns und Peugeots finden den Weg dorthin auch alleine.

Donnerstag, 7. Juli 2016

Martigues, das provenzalische Venedig

Martigues ist eine Stadt im Süden des Südens, fast genau dort, wo die Provence ins Mittelmeer fällt. In weniger originellen Reiseführern – leider, leider auch in einem dann doch zum Glück längst vergriffenen und vergessenen Reiseführer von einem gewissen Cay Rademacher – wird die Gemeinde als „Venedig der Provence“ gerühmt. Das ist, klar, maßlos übertrieben. Und doch...



Eine nur wenige Hundert Meter breite Wasserader verbindet das Mittelmeer mit dem Étang de Berre, der größten Salzwasserlagune Europas. Dieser natürliche nasse Weg – heute als Canal de Caronte domestiziert – war schon in der Antike eine Passage für Seefahrer und eine ideale Basis für Fischer. Das alte Maritima lag auf einer Insel im Wasserweg, fast direkt an der Öffnung zum Étang de Berre. In späteren Jahrhunderten vereinte sich die Gemeinde mit Jonquières und Ferrières, den zwei Dörfern der Ufer, zur heutigen Stadt. Weshalb noch immer die mittelalterlichen Türme gleich dreier Kirchen in bloß wenigen Schritten Abstand den Himmel anritzen.

Nach 1945 sind Martigues und andere Gemeinden am Étang de Berre von den Pariser Planern der Vierten und der Fünften Republik ganz bewusst in die Hölle gestoßen worden. Die Industrialisierung musste her, und man hat am Meer Tankerhäfen angelegt, am Land sind Raffinerien, Wohnblocks und sogar Autobahnen höher als die Kirchtürme in den Himmel gewachsen: Eine monströse, 875 Meter lange Autobahnbrücke überwölbt heute in sciencefictionmäßiger Höhe den Canal de Caronte. (Wer darüber brettert, der mag sich einbilden, dass sich sein Peugeot kurzzeitig in einen Airbus verwandelt hat.)
Beinahe 50 000 Bürger zählt Martigues heute, und die Stadt hat in der Provence ungefähr denselben Ruf wie Marseille, bloß in klein.



Doch wer sich erst einmal durch die Vorortwüsten geschlängelt hat, der wähnt sich tatsächlich beinahe in Venedig – einem kleinen Venedig, einem überschaubaren Venedig, aber auch einem viel weniger überlaufenen Venedig.
Denn um die alte Insel, das Herz von Martigues, winden sich ein paar stille Kanäle: Pastellfarbig verputzte Häuschen, krumme Brücken, Fischrestaurants und Cafés mit Terrassen, schmale Promenaden, ein versteckter Antiquitätenladen, winzige Parks, Dutzende dümpelnde Yachten, schräge Denkmäler, bunt lackierte hölzerne Fischerboote... Die Stadt ist geradezu unfassbar schön. Und noch schöner wirkt sie, weil manche Monumente schon beim Schönheitschirurgen waren, viele andere jedoch immer noch charmant und stolz die Risse, Flecken und Fältchen ihres Alters zur Schau stellen. Wer noch ungeputzte Provence sucht: Bitte schön!
Aber wie lange noch?



Vielleicht wird Martigues bald mehr Reisende anlocken, als sich das ein promenierender Müßiggänger hier noch vorstellen mag. Denn Paris wird sich 2024 um die Olympischen Spiele bewerben und.. eh alors?! Was kommt schon Gutes aus Paris? Mais oui: Wo sollen, bitte, in der Kapitale die Rennjollen, die Ruderer, wo sollen all die Wasserflitzer denn antreten? Auf der Seine? In der Bretagne, wo es regnet und wenn da kein Regen herunterkommt, dann ist gerade Ebbe?


Nein: Gewinnt Paris den Zuschlag, dann werden die wasserlastigen Sportarten genau hier ausgetragen: am Étang de Berre und vor der Küste des Mittelmeeres. Und Martigues wäre mittendrin.
Hamburg, so sagt man, hat mehr Brücken als Venedig. Aber es wird vielleicht ein Kaff in der Provence sein, das garantiert viel weniger Brücken hat als Venedig, ein provenzalisches Kaff also, das Olympia 2024 auf seine Kanälchen lockt. Martigues traut sich zu, was sich die Hanseaten nicht zugetraut haben.

Wer zufällig in der Nähe ist, der sollte sich Martigues also vielleicht rechtzeitig ansehen, bevor sich die halbe Welt hier trifft - und es dann in Martigues so voll wird wie in Venedig, dem echten.

Dienstag, 17. Mai 2016

Brennender Midi

Für Capitaine Roger Blanc könnte der Herbst in der Provence schöner sein als ein Sommer in Paris: Die, wortwörtlich, mörderische Hitze weicht mildem Septemberlicht und gnädigen Temperaturen. Die endlosen Ferien haben doch ein Ende, der Touristenstrom dünnt aus, die Abendsonne glänzt honiggolden, T-Shirt-Wetter legt sich auf den Midi, die Frauen sind wunderschön und vielleicht ist das Leben doch perfekt.
Eigentlich schade, dass ausgerechnet dann ein Flugzeug vom Himmel stürzt.





Blanc wird in seinem neuen – dem dritten – Kriminalfall mitten in der Nacht in einen Olivenhain gerufen, unter den Mauern der wuchtigen, düsteren Burg von Lançon. Eine kleine Propellermaschine ist in Flammen aufgegangen, und der tote Pilot ist nicht irgendwer: Zwischen Lançon und Salon-de-Provence erstreckt sich, auch im echten Leben, die Base Aérienne 701. Dort werden die zukünftigen Kampfpiloten Frankreichs ausgebildet – und Frankreich ist ein Land im Krieg, dessen Luftwaffe dringend neue Piloten braucht. Es ist einer dieser jungen Pilotenschüler, der, am allerletzten Tag seiner Ausbildung und bei perfekten Bedingungen, zwischen den Bäumen aufgeschlagen ist, beinahe schon in Sichtweite seiner Basis.
Bloß kein Selbstmord! Der Absturz des Germanwings-Airbus in den See-Alpen, praktisch vor der Haustür der Provence, hat die Menschen hier tief schockiert. Die Offiziere der Base Aérienne wollen um jeden Preis verhindern, dass man darüber spekuliert, ob nun auch einer ihrer Piloten geistig so labil ist, dass er sehenden Auges in den Boden gerast ist. Aber wenn es kein Selbstmord sein darf und das Flugzeug technisch in Ordnung war und der Pilot praktisch fertig ausgebildet war und das Wetter schön war – was, putain, war dann die Ursache für den Absturz?


Blanc sowie seine Kollegen Fabienne und Marius ermitteln. Ziemlich rasch erfahren sie, dass es mehr als eine Technik gibt, um ein Flugzeug vom Himmel zu holen. Und dass es mehr als einen Provenzalen gibt, der ein sehr, sehr gutes Motiv hätte, genau dieses Flugzeug vom Himmel zu holen.




Dann geschieht ein zweiter Mord in Lançon. Das Opfer ist ein aus Algerien stammender Landarbeiter, der schon seit Ewigkeiten für den cholerischen Burgbesitzer des Städtchens schuftet – und der exakt in jenem Olivenhain erstochen wurde, in dem auch das Flugzeug aufgeschlagen ist...


Kriege und Katastrophen, das ist nicht wirklich überraschend, machen keinen höflichen Umweg um die Provence, bloß, weil sie so idyllisch ist. In der Schönheit lauert der Tod, und warum sollte das im Midi anders sein? Capitaine Blanc ist gegen seinen Willen von Paris in die Provinz versetzt worden. Und er hat befürchtet, dass dort niemals etwas Wichtiges geschieht. Was für ein Irrtum: Plötzlich ist das ganze Land vielleicht im Krieg und ganz sicher im Ausnahmezustand und der Terror kommt auch in die Provence.


Man kann das als Autor hier schlecht ignorieren: Vor den Schulen unserer Kinder sind Sicherheitszonen eingerichtet worden. (Ein islamistischer Attentäter hat im Süden ja auch gezielt Kinder niedergeschossen.) Schwer bewaffnete Soldaten und Polizisten patrouillieren durch Flughäfen und Bahnhöfe. Und als wir zur Weihnachtsmesse gingen, standen Polizisten mit einem Kampfhund vor dem Portal Wache, um das Gotteshaus vor Anschlägen zu schützen – nicht in Algier, sondern in Salon-de-Provence.


Auf den Terror des IS reagiert die Regierung mit dem Ausnahmezustand. Man möchte gar nicht wissen – nee, nee: eigentlich möchte man es ganz genau wissen, darf aber nicht -, was dem Geheimdienst DGSI jetzt alles so erlaubt ist, was die Agenten tun, was sie planen...
Und auf den Terror des IS reagiert manch gemeiner Franzose mit dem Wahlzettel – in vielen Gemeinden erreicht der Front National inzwischen locker die fünfzig Prozent und mehr. Will heißen: Alle anderen Parteien ZUSAMMEN haben weniger Stimmen als der Verein von Marine LePen.


Mais oui. Gefällt das Roger Blanc? Mais non. Also ermittelt er sich die Nase blutig und das Herz wund (Eine geheimnisvolle Untersuchungsrichterin lässt ihn nicht los und deren mächtiger Gatte läst ihn, auf ganz andere Art, ebenfalls nicht vom Haken.) und die Fiktion ist gar nicht so weit entfernt von der Realität. Blanc schnüffelt im Olivenhain und in der Burg von Lançon herum, die beide sehr real sind – jeder geneigte Reisende kann sich diese und andere Orte des Krimis (von außen) ansehen. Blanc schnüffelt einer verwirrten Frau hinterher, die nachts durch die Wälder zieht und als „Hexe“ verschrien ist und auch das ist höchst real. Blanc schnüffelt auf der realen Base Aérienne herum – die im Roman geschilderte „Taufe“ der Piloten ist ebenso echt wie, nun ja, das Verbot, zum Aperitif Flugmanöver abzuhalten.

Mais oui: Die angehenden Kampfpiloten Frankreichs dürfen im Fall der Fälle Atombomben abwerfen, aber sie dürfen nicht zu jener Stunde über die Köpfe der Nachbarn brummen, während der die halbe Provence einen Pastis schlürft. Anisschnaps schlägt Atombombe, das ist französische Lebensart. Sehr real sind die Schläger, die auf (nord-)afrikanische Landarbeiter Jagd machen, die hämischen SMS-Nachrichten, die sie sich nach der Tat schicken, stammen direkt aus einer sehr realen Ermittlung. Und, das ist nun wahrhaftig keine Überraschung, sehr real ist die Gewalt, ist die ständige Bedrohung, ist auch der für junge Menschen faszinierende Sog, den islamistische Radikale Tag für Tag ausüben.
Kurz: Es ist etwas faul in der Provence. Capitaine Blanc muss sich Dämonen stellen, um seine Wahlheimat zu retten.


Hoffen wir, dass es ihm gelingt.


P.S.: Für die geneigte Leserin, für den geneigten Leser - hier gibt es weitere Informationen zum dritten Fall des Capitaine Roger Blanc:


Freitag, 8. April 2016

Lancon-Provence

Irgendwo in der Provence steht eine mittelalterliche Kapelle, deren Inneres mit antiken Amphoren vollgestellt ist. Das ist kein besonderer Kirchenschmuck und keine mediterran-katholische Besonderheit. Kein geschickt platzierter Spot leuchtet die zweitausend Jahre alten Tonkrüge aus, kein für fünfzig Cent zu erwerbendes Faltblatt würdigt diese Altertümer. Das unauffällige Gotteshaus ist vielmehr eine unauffällige ... Rumpelkammer. Stadtkämmerer und Archäologen haben in das vergessene Kirchlein einfach alle Schätze hineingestopft, die sie aus dem Boden gebuddelt haben, ohne zu wissen, wo sie diese verwitterten Dinge sonst hätten abstellen können.


In Hamburg habe ich etliche Jahre gewohnt und dabei mitbekommen, wie Spezialisten mitten in der Innenstadt mit einem Riesenaufwand eine bloß kaum mehr als tausend Jahre alte Ruine gesucht und, nun ja, leider nicht wirklich gefunden haben. Und jetzt lebe ich in der Nachbarschaft von einem Kaff, das in zwei- und zweieinhalbtausend Jahre alten Antiken erstickt und sich nicht anders zu helfen weiß, als sie hinter einem morschen Riegel zu verstecken. Das ist der Unterschied zwischen keiner Kulturlandschaft und einer Kulturlandschaft.
Die Geschichte der überschüssigen Amphoren geht ungefähr so:


Lançon bedeutet „Lan“ - „Felsen“ im „çon“ - „Sumpf“. Die Stadt gehörte im Mittelalter mal den Herren von Les Baux und ist tatsächlich ein „Felsen im Sumpf“ gewesen: Eine Kalksteinklippe inmitten einer feuchten Niederung nahe am Mittelmeer und am Étang de Berre. Dieses Tiefland ist seit dem 18. Jahrhundert durch Kanäle entwässert worden, heute formen dort Olivenhaine und Weizenfelder ein agrarisches Muster der Üppigkeit. Auf dem Felsen thront eine Burg wie eine fette Torte, darunter ducken (Ja, ducken! Man muss einmal durch diese zusammengequetschten Gassen geschlichen sein.) sich Häuser und Kirche, eingeschnürt von einer Stadtmauer, die einstmals eindeutig nicht errichtet worden ist, um malerisch auszusehen. Inzwischen metastieren Einfamilienhäuser vom Hang in die Ebene, manche sind moderne Öko-Villen wie in Freiburgs grünsten Vierteln. Lançon hat in den letzten Jahren seine Einwohnerzahl glatt verdoppelt und leistet sich alles, was dazugehört: riesige Sportanlagen, zwei Supermärkte, eine eigene Gendarmerie-Station und demnächst auch ein Lycée. So weit, so normal.


Zu Lançon gehört jedoch auch ein riesiges, nahezu menschenleeres Terrain: Ein Ozean aus Kalksteinfelsen, dessen karge Wogen bis beinahe zum Mittelmeer branden. Dieses Hügelland liegt einige Kilometer vom Felssporn mit der Burg entfernt, auf dem Boden gedeihen nicht einmal Olivenbäume. Nur die zähe Garrigue hält sich dort, legt einen Teppich aus verkrüppelten Bäumen, Dornengewächs, Sträuchern, Gräsern, Wildkräutern, Disteln über den grauweißen Stein. Im Sommer zirpen die Zikaden, Eidechsen huschen in Spalten, das nahezu schattenlose Land heizt sich auf wie eine Kochplatte.
Kein Wunder, dass es hier gelegentlich brennt...


Vor etwa fünfzehn Jahren hat ein Feuer einige Hektar Garrigue von den Felsen rasiert, bevor es von den Pompiers eingedämmt werden konnte. Unmittelbar danach ist ein Heimatforscher durch die verkohlte Landschaft gegangen. Der Mann wusste genau: Ist das zähe Grünzeug fort, dann siehst du Dinge, die du sonst nie sehen würdest.
Und tatsächlich: Auf Coudouneu, einer jener Hügelwellen – einer schroffen Klippe, von der aus der Blick weit bis zum Étang de Berre schweift – lagen plötzlich Mauern frei, manche waren noch zweieinhalb Meter hoch.
Und zweieinhalb Jahrtausende alt.
Die Archäologen, die hinzugerufen wurden, sehen in der Anlage heute einen großen, wahrscheinlich befestigten Getreidespeicher. Wahrscheinlich war es sowohl Fluchtburg als auch Vorratslager einer irgendwo (aber wo?) in der Nähe liegenden kelto-ligurischen Siedlung. Auf der Nordseite, wo einst eine Mauer den Zugang versperrte, wölbt sich der Felsen recht sanft und gleichmäßig aus dem hügeligen Gewoge. Nach Süden, zum Étang de Berre hin, klafft eine tückische Lücke. Der Felsen sieht aus, als hätte dort ein monströser Darth Vader mit seinem Laserschwert eine lotrechte, vielleicht zehn, fünfzehn Meter tiefe Schneise hineingehauen. Aus größerer Entfernung mag man glauben, dass man auch von Süden her über einen begehbaren Anstieg bis zur Kuppe gelangen könnte, doch kurz vor dem Ziel, zack!, klafft ein nahezu unüberbrückbarer Abgrund.
Die perfekte Verteidigungsstellung: Fernsicht, steiler Zugang, natürlicher Burggraben. Unsere frühen Provenzalen werden sich wohl und sicher gefühlt haben. Sicher genug, um neben Getreide, Oliven und Wein auch noch ganz andere Dinge hier hoch zu schleppen.


In den zuerst vom Feuer und anschließend von Archäologenpinseln freigelegten Ruinen sind nämlich auch, genau, antike griechische Tonwaren gefunden worden. Fragmente einer wunderbar bemalten attischen Schale etwa und, klar, Amphoren, viele Amphoren. Die Kelto-Ligurer haben offenbar mit ihren Nachbarn gehandelt, den Griechen aus Marseille. Das antike Massalia war von hier aus für einen geübten Fußgänger (oder ein Maultier oder einen Ochsenkarren, sofern die Wege schon gut genug dafür waren) in höchstens zwei Tagen erreichbar. Ein Frachtsegler mag über den Étang de Berre und entlang der Côte Bleue ähnlich lange unterwegs gewesen sein, bis er in den heutigen Vieux Port einlaufen konnte.
Stellen wir uns vor, dass die Urbevölkerung von Lançon Oliven oder Wein oder Getreide oder Sklaven in die zivilisierte Metropole geliefert hat und dafür mit Hellas-Hightech bezahlt worden ist: Schalen und Becher und Geschirr. (Die Amphoren waren die Container der Antike, in denen sind landwirtschaftliche Erzeugnisse transportiert und gelagert worden, die kamen eh.) Oder vielleicht waren die ersten Bürger von Lançon ja auch, gemäß einer anderen uralten hiesigen Tradition, Kriminelle, die geklaut haben, was sie kriegen konnten. So oder so: Antike Kunst gelangte auf den sicheren Felssporn im Nirgendwo.
Irgendwann jedoch wurde der befestigte Hügel aufgegeben, irgendwann wurden Getreidekörner und griechische Scherben vergessen, irgendwann kam die Garrigue, irgendwann kam das Feuer und irgendwann kamen die Forscher.
Die bemalten Fragmente, die sie dann aus dem Boden geholt haben, sind winzig, die Amphoren jedoch sind riesig. Was tun? Klar, man könnte ein Museum bauen. Das aber kostet Geld. Klar, man könnte die Antiken an eines der bestehenden Museen weitergeben. Man könnte doch, nach zweieinhalb Jahrtausenden, die Schätze gewissermaßen nach Marseille zurückführen, wo sie einst vielleicht hergekommen sind, um... Putain! Marseille? Bist du irre? Wer schenkt der Racaille aus Marseille auch nur eine einzige, verdammte Scherbe?
Alors: Die kleinen, tollen Schätze stehen heute in staubüberkrusteten Vitrinen in einem nicht einmal mannshohen Kellergewölbe in einem Nebengebäude der Mairie von Lançon. Sie können mir folgen? Wegbeschreibung und Schlüssel zum Keller gibt es beim Rathaus.
Vielleicht.


Und die Amphoren, tja, die hat man in eine Kapelle gesperrt, für deren Restaurierung man ebenfalls kein Geld ausgeben will. Ein mittelalterlicher Lagerraum für antikes Gerümpel. Einem Ex-Hamburger, der aus seiner Stadt weder mittelalterliche Lagerräume noch antikes Gerümpel kennt, kommen die Tränen.

Ach so: Die Mauern von Coudouneu erheben sich bloß ein paar Hundert Meter neben einer vielbefahrenen Route départementale. Man erkennt sie jedoch erst, wenn man beinahe vor ihnen steht. Noch. Denn die Garrigue wächst wieder, das zähe Grünzeugs wird die alten Brandnarben bald endgültig überwuchert haben und die zweieinhalb Jahrtausende alte Ruine gleich mit.